Gegenseitige Verantwortlichkeiten der Airlines |
Liebe Heidrun, Danke, fuer Deine netten Worte - ich erinnere mich noch gut an Euer damaliges Reisevorhaben und freue mich natuerlich, dass bei Euch alles soweit gut geklappt hat; ich erinnere mich auch an Deinen Bericht. Vor einer Reise weiss man ja nie, ob man insgesamt gut ueber die Runden kommt - sowohl beim Flug als auch auf der Reise im Land selber -; erst hinterher kann man Bilanz ziehen. Ein richtiger 'Reiseprofi' - so wie es das bei den Grossen in der Branche gibt - bin ich wohl weniger, aber ich bemuehe mich gerne taeglich dazuzulernen und einiges mit anderen interessierten Leuten zu teilen bzw. auszutauschen; und ich hoffe dabei 'Mensch' zu bleiben. Rechtliche Fragen sind eher etwas fuer Juristen, die ueber die entsprechende Kompetenz verfuegen, dennoch teile ich Dir gerne mit, was ich von meiner Seite dazu sagen kann, ohne dabei falsch liegen zu wollen. Experten wuerden das sicher etwas juristischer formulieren, ich bemuehe mich darum, allgemein verstaendlich zu bleiben. Sofern es sich um eine Flugreservierung mit gemeinsamer PNR handelt (PNR ist der vom Reservierungssystem bei Abschluss einer Reservierung vergebene Reservierungscode oder auch filekey genannt), sind die Fluggesellschaften gegenseitig dazu verpflichtet 'Hand in Hand' zu arbeiten und dafuer zu sorgen, dass die gebuchten Passagiere - egal welche Airlines beteiligt sind - planmaessig von Punkt X nach Y zu gelangen. Ich sage deswegen XY, da die Flugrichtungen und beteiligten Destinationen dabei voellig irrelevant sind. Ebenfalls irrelevant sind die angewendeten Tarife (Flugsondertarif, IATA-Tarif - spielt alles keine Rolle!). Eine gemeinsame PNR liegt dann vor, wenn alle Fluege innerhalb einer Reservierung angelegt werden, d.h. auch Zubringerfluege gehoeren dazu, die von der jeweiligen Langstrecken-Airline genehmigt sind (Beispiel: bei QATAR Airways oder Gulf Air ist nur Lufthansa in der Q-Klasse erlaubt!). Es kann auch innerhalb der selben PNR jede andere Airline als Zubringerflug verwendet werden - allerdings nur zum offiziellen IATA-Tarif! Die Flugtickets werden normalerweise nur bei bereits erfolgter Bezahlung durch die Passagiere vom jeweiligen Reisebuero an die Passagiere ausgehaendigt, womit sie dann berechtigt sind, Personenbezogen die Leistung in Anspruch zu nehmen. Eine Uebertragung von Flugtickets auf andere Personen ist nicht moeglich! Wenn sich nun beim Antritt einer Flugreise einer der beteiligten Fluege verspaetet oder sogar ganz ausfaellt (so etwas kann aus den verschiedensten Gruenden passieren: z.B. sicherheitstechnische oder wetterbedingte Gruende, Ueberlastung von Flughaefen oder Luftraeumen, Streiks, Bedrohungssituationen - aber auch Nachlaessigkeiten oder Schlampereien), so gilt die zu erbringende Leistung als nur teilweise oder als nicht erfuellt. Die jeweilige Fluggesellschaft ist nun gefordert nachzubessern. Sie muss einen zumutbaren Ersatzflug, evtl. mit Nebenleistungen (Hotel, Essen, Transfers) anbieten und die betroffenen Passagiere zur Zieldestination befoerdern. Ist sie nicht dazu in der Lage, einen eigenen Flug anzubieten, so koennen auch andere Airlines die das gleiche Ziel anfliegen, verwendet werden. Die Airline stellt dann einen Schein mit der neuen Flugverbindung aus, der bei am CheckInn Schalter der 'neuen' Airline vorzulegen ist. Dort wird fuer den Ersatzflug ein neues Flugticket ausgestellt. Fuer den Ersatzflug kann eine andere Flugroute gewaehlt werden, die vielleicht einen laengeren Flugweg und auch Zwischenstops beinhaltet, es kann aber auch ein kuerzerer Weg, vielleicht sogar ein Nonstopflug sein. Eine gute Airline achtet darauf, dass die betroffenen Fluggaeste nicht oder nicht wesentlich schlechter gestellt sind, als bei dem urspruenglich vorgesehenen Flug. Es kann aber auch sein, dass Nachteile unvermeidbar sind, wenn es nicht anders geht. Die Fluggaeste sollten sich dann zu Wort melden und freundlich um entsprechenden Ausgleich bitten und wenn es nicht anders geht, auch ein wenig mit Nachdruck (es ist oft klug, halbwegs ruhig zu bleiben - haengt aber sicher von der jeweiligen Situation ab!). Wenn die Forderungen die Kompetenzen der bearbeitenden Bodenhostessen ueberschreiten, sollte nach der verantwortlichen Teamleiterin oder einem Teamleiter gefragt werden. Hilft auch das nichts und es gibt keine(n) hoehere(n) Entscheidungstraeger(in), bleibt nur die nachtraeglich schriftliche Einforderung von Schadensersatz, beim zustaendigen Office der jeweiligen Airline bzw. die Moeglichkeit auf eigenes finanzielles Risiko den Rechtsweg zu beschreiten. Wer Reise-Rechtsschutzversichert ist, sollte den Fall seiner Versicherung vortragen und um schriftliche Deckungszusage bitten. Wer keine Versicherung hat, sollte eine moeglichst unabhaengige, kostenguenstige Rechtsberatung einholen, die eine juristische Einschaetzung der Rechtslage gibt. Auf dem Verhandlungsweg erreicht man manchmal mehr, als wenn man gleich 'auf�s Ganze' geht. Man kann seinem Aerger auch mal Luft machen und man braucht sich nicht alles gefallen zu lassen, andererseits sollte man auch nicht ueberziehen. Man sollte immer die realistische Erfolgsaussicht im Auge behalten. Natuerlich braucht man mit dem Ersatzflug nicht einverstanden sein und kann ihn ablehnen, wenn einem der Flugweg oder die Airline nicht gefaellt. Findet sich dann vor Ort am Flughafen keine Einigung, kann man nur den Stand der Dinge kurz schriftlich fixieren, sich dann auf eigene Kosten einen anderen Flug suchen und auf dem Rechtsweg seine in Kauf genommenen Nachteile und Zusatzkosten einklagen (Ausgang offen!). So etwas kann sehr heikel und riskant sein! Am Besten es kommt am Flughafen zur Einigung. -- So, und nun bitte aufgepasst (!): Wenn jemand z.B. einen Langstreckenflug von Frankfurt nach Kathmandu via Doha, mit Qatar Airways bucht und nicht den Lufthansa-Zubringerflug oder einen anderen Linienflug innerhalb dieser Reservierung verwendet, um z.B. von Berlin nach Frankfurt zu kommen, sondern einen vollkommen separaten Flug mit einer eigenen Flugreservierung, d.h. einer eigenen PNR bucht, kommt nicht in den Genuss, dass die Airlines gegenseitig verantwortlich sind. Es liegt in dem Moment ja auch keinerlei Informationsaustausch zwischen den Airlines vor. Woher sollte die Air Berlin oder die German Wings, die als 'Billigflug' nur separat gebucht werden koennen, wissen, dass der Passagier einen Weiterflug beabsichtigt. Und selbst wenn! Die fliegen doch nicht fuer einen Billigpreis nach Frankfurt und uebernehmen dann noch Schadensersatz fuer verpasste Weiterfluege. Bei einer Einzel-PNR und separat gebuchte Billlig-Airlines uebernehmen nur die Verantwortung fuer ihren eigenen Flug. Was jeder Passagier dann in Frankfurt macht, interessiert die nicht. So kann es vorkommen, dass solch ein Flug verspaetet fliegt oder ausfaellt; es kann sein, dass dann der gezahlte Flugpreis zurueckbezahlt wird und nun kann man sich einen ganz neuen Flug nach Frankfurt suchen. Wenn man Pech hat, ist der dann deutlich teurer als der urspruengliche 'Billigfug' und wenn es ganz schlimm kommt, ist der Langstreckenflug verpasst und niemand - ausser einem selbst - traegt den Schaden. Wenn so etwas zur Hauptsaison passiert, bekommt man vielleicht gar keinen Langstreckenflug mehr und muss wieder irgendwie nach Hause kommen. Zwar wird ein Teil der Flugkosten wieder rueckerstattet - aber die Stornogebuehren sind unvermeidlich und zudem faellt die Reise dann praktisch aus. Wenn keinerlei Selbstverschulden vorliegt (z.B. Wetterbedingt, hoehere Gewalt), ist uebrigens auch bei der Deutschen Bahn AG 'Essig' angesagt. Aber es gibt ja insgesamt derzeit einige kundenfreundliche Verbesserungen im Reiserecht, die ich hier aber nicht weiter vertiefen moechte. --- Man muss also generell differenzieren, wie der gesamte Flug 'reservierungsmaessig' aufgebaut ist. In einem Satz vereinfacht gesagt: Bei gemeinsamer PNR sind die Airlines gegenseitig und gegenueber den Passagieren fuer den gesamten Flugverlauf verantwortlich - bei getrennten PNR�s sind sie es nicht! Letztendlich ist bei aller Kompliziertheit im Flugreisebereich bezueglich Verantwortlichkeiten und Rechtslagen alles relativ klar geregelt. Aber natuerlich ist es auch immer wieder eine Frage der Auslegung und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen und man kann als Reisende Person auch nicht alle relevanten Einzelheiten und Zusammenhaenge wissen. Ein halbwegs gutes Reisebuero, dass in jeder Stadt zu finden sein muesste, kann in speziellen Detailfragen sicher hilfreich und neutral beratend zur Seite stehen. Ich wuensche Dir und allen sonstigen Flugreisenden Und noch ein persoenlicher Tipp zum Schluss: Wer mit positiver Einstellung reist und auch seinen 'Schutzengel' mitnimmt (kann auch Ganesh sein:-), ist oft geschuetzt vor Unannehmlichkeiten und Gefahren unterwegs - ganz bestimmt! Mit herzlichen Gruessen ------
> Hallo Andreas! > ein gro�es Lob f�r Deine ausf�hrlichen Informationen. Als "Nichtprofi" in der "Bestellung" diverser Fl�ge hat man es heute tats�chlich ziemlich schwer! �brigens noch vielen Dank f�r den guten Service vor zwei Jahren f�r den Flug nach Kathmandu und zur�ck. Es hat alles prima geklappt. > Liebe Gr��e > Vielen Dank f�r Deine Antwort!!!
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Abgeschickt von am 08. Juli 2004 um 18:54 Uhr
Antwort zu: Re: Nur Fliegen ist schoener ... oder: Von der einfachen Kompliziertheit der Dinge geschrieben von Heidrun am 07. Juli 2004 um 23:15 Uhr: |