Re: Diamox? Oder die Frage nach der optimalen Akklimatisation! |
> Namaste, > gerade aus Nepal zur�ckgekehrt m�chte ich ein Paar Fragen zu Akklimatisation loswerden, bez�glich nach Euren Erfahrungen fragen. > Unsere Tour in der Everestregion war so geplant, das wir t�glich maximal 500 m H�hendifferenz von Schlafplatz zu Schlafplatz zur�cklegten und auch an Akklimatisationstagen f�r Ausfl�ge in h�here Regionen mangelte es nicht. Allerdings dr�ngte unser F�hrer ab einer H�he von 4000 m darauf, Diamox (Diuretikum?) zur Prophylaxe einzunehmen um der H�henkrankheit vorzubeugen. Da mir das Zeug allerdings nicht bekannt war und ich - gerade als Chemiker - es ablehne mich mit unn�tiger Chemie vollzustopfen, wies ich seine Angebote zur�ck - es ging auch so! > Nun zu meiner Frage worum genau handelt es sich bei dieser Medizin? > Gru� Stefan Namaste, Stefan Dir als Chemiker sagt vielleicht Acetazolamid eher etwas (Diamox ist ja nur der Produktname). Es hemmt die Karboanhydrase. Letzteres ist eins der staerksten Enzyme in der Natur und erhoeht die Bildung und Spaltung der Kohlensaeure gewaltig. Es ist an verschiedenen Stellen im menschlichen Koerper vorhanden. Am bekanntesten und wirkungsvollsten wird Diamox in der Medizin zur Behandlung des Glaukom (Augenleiden, dass haeufig zur Erblindung fuehrt) eingesetzt, weil das Glaukom u.a. durch infolge der Karboanhydrase-Taetigkeit gebildetes Kammerwasser im Ziliar-Koerper des Auges entsteht. Hier ist die Bruecke zur Hoehenkrankheit. Auch hier entsteht mit der Zeit -grob vereinfacht- "Wasser", austretende ZellFluessigkeit im Koerper, wo man es lieber nicht haette (die "aufgedunsenen" Gesichter von Expeditionsrueckkehrern hat der eine oder andere vielleicht schon mal gesehen). Wenn es in Lunge oder Hirn entsteht, wird es in Gestalt von Oedemen zur LebensBedrohung ("HAPE, HACE"). Diese ganzen Symptome sind also natuerlich WICHTIG, denn sie zeigen, DASS der Koerper bemueht ist, sich anzupassen. Wer nun das (logisch nachvollziehbare -gleichwohl, ich habe es selbst nie genommen-) durch die Ansaeuerung/Alkalisierung des Koerpers die Atmung unterstuetzende Diamox (bei uns nicht ohne Grund rezeptpflichtig) PROPHYLAKTISCH einsetzt, sorgt dadurch zunaechst fuer "mehr eigenes Wohlbefinden". Umstritten ist naemlich, inwiefern es dabei moeglicherweise auch ein ueber die Symptome der Anpassung HINAUSGEHENDES entstehendes Krankheitsbild UEBERDECKT (also, wenn Dein Koerper die Anpassungsprozesse NICHT AUSREICHEND durchfuehrt). Weder an Kopfweh noch an Appetitlosigkeit, Schwindel, teilweiser Schlaflosigkeit, allg. Uebelkeit -um weitere Symptome der Hoehenanpassung zu nennen- STIRBT man. Wenn diese Symptome jedoch AUSBLEIBEN, bzw. kuenstlich abgemildert werden, ist die so notwendige Beobachtung, wie sich Dein Koerper im Zuge der Hoehenanpassung verhaelt, schwierig und die Grenze zwischen "unwohler, gleichwohl noetiger und gelungener Hoehen-Anpassung" und einer sich abzeichnenden gefaehrlichen Hoehenkrankheit (ACUTE Mountain Sickness=AMS) verschwimmt. Diamox KANN NICHT sicher die Entstehung der AMS verhindern! Zudem: Einzig ein Arzt wuerde -schwierig und auch nur bedingt zuverlaessig- bei (vor allem weniger Hoehenerprobten) feststellen koennen, welche genaue Dosis Diamox passt, um den Koerper bei gerade den Sauerstoffanpassungsbemuehungen zu unterstuetzen und nicht etwa bei anderen Taetigkeiten zu beeintraechtigen. Zuviel hat ggf. einen grossen Einfluss an falscher Stelle, zuwenig wiegt ggf. u.a. durch den Placebo-Effekt ("na, jetzt kann ja nichts mehr passieren") in falsche Sicherheit. Das bekaempfte Enzym ist nicht umsonst in uns allen, es ist auch Bestandteil einer Vielzahl ganz anderer Koerperprozesse. Dies ist die zweite Kehrseite der Acetazolamid-Pyramide, die bei denen, die Diamox zur Vorbeugung nutzen und ihren Koerper "in climbing action" gut genug zu kennen glauben, um das Risiko der beschriebenen Symptom-Verdeckung und auch die Medikamenten-Dosierung einschaetzen zu koennen, leicht in Vergessenheit geraet: "Risiken und Nebenwirkungen" Ich persoenlich atme lieber etwas schwerer, gegen die Kopfweh eine Aspirin, wenn die nicht hilft, die Atemnot und Kopfschmerzen gar zunehmen: Das ist mir lieber, als duennscheissenderweise, evtl. grippegeschwaecht, staendig zusaetzlich elektrolyt-zufuehrend, und mein Blutbild stoerend ueber die Berge zu tingeln. Gleichwohl: Diamox hab ich immer dabei:o), *** ACHTUNG, ich bin weder Arzt noch Apotheker, fuer tiefgreifende und umfassend nach aktuellem Wissenschaftsstand aufbereitete Darstellungen verweise ich auf z.B. http://www.bielefeldt.de/akklimd.htm sowie die homepage des Auswaertigen Amt:
ryan |
Abgeschickt von am 14. November 2001 um 02:03 Uhr
Antwort zu: Diamox? Oder die Frage nach der optimalen Akklimatisation! geschrieben von Stefan am 13. November 2001 um 16:02 Uhr: |