Liebe Nepalfreunde,
die komplizierten politischen Vorgaenge in Nepal
sind fuer sich nicht so einfach nachvollziehbar.
Taktieren hier, Taktieren da -
'Information', 'Mangel an Information' und
'Desinformation' geben sich ausserdem
geradezu immerwieder gegenseitig 'die Hand'.
Wie soll man da noch durchblicken?
Die Betrachtungsweise aus der Ferne ist nicht
einfach, weil die Naehe zum Geschehen fehlt,
die Betrachtung aus der Naehe ebenfalls,
da die Distanz und somit der Blick von
Aussen nicht moeglich ist.
Ich will mal versuchen, nach nun 3 Monaten der
Machtuebernahme durch den Koenig ein paar
Punkte zu belichten. Es ist - wie sollte es
anders sein - eine Momentaufnahme und
persoenliche Sichtweise - von Aussen.
Ich erhebe keinen Anspruch auf absolute
Richtigkeit oder Vollstaendigkeit.
--
Zur Situation:
Es ist richtig, dass Koenig Gyanendra am 30.04.2005
den Ausnahmezustand (State of Emergency) aufgehoben
hat.
Was bedeutet dieser Vorgang und wie ist
das Ganze zu verstehen?
Wir erinnern uns: am 1. Februar 2005 hat Koenig
Gyanendra den Ausnahmezustand ausgerufen. Dies
ist eine Massnahme, die er bei besonderen Notlagen
oder Bedrohungssituationen laut der nepalischen
Verfassung von 1990 (Teil 18/115 Emergency Power)
durchfuehren kann. Begruendet hat er die Vollzug
dieses Schrittes damit, dass es die amtierende
Regierung und die jeweilige Vorgaengerregierung
nicht geschafft hat, den politischen Konflikt der
mit den Maoisten besteht und der seit 1996 ueber
11.000 Tote gefordert hat, deutlich in eine
Positive Richtung voranzubringen oder gar zu beenden.
Er hat zugleich die Regierung von Premierminister Deuba
samt Ministerkabinett des Amtes enthoben.
Dieser Schritt war und ist hoechst umstritten, da er dazu
- so sagen jedenfalls die Kritiker - keine verfassungs-
maessige Legitimation besass.
Der eigentliche Verfassungsbruch wurde aber bereits im
Jahr 2002 schon begangen (auf die damaligen Zusammenhaenge
poloniex api manual I poloniex api manual t poloniex api manual poloniex api manual w poloniex api manual i poloniex api manual l poloniex api manual l poloniex api manual poloniex api manual m poloniex api manual a poloniex api manual t poloniex api manual c poloniex api manual h poloniex api manual poloniex api manual o poloniex api manual n poloniex api manual poloniex api manual t poloniex api manual i poloniex api manual c poloniex api manual k poloniex api manual e poloniex api manual r poloniex api manual poloniex api manual c poloniex api manual o poloniex api manual d poloniex api manual e poloniex api manual poloniex api manual a poloniex api manual n poloniex api manual d poloniex api manual poloniex api manual a poloniex api manual m poloniex api manual o poloniex api manual u poloniex api manual n poloniex api manual t poloniex api manual . poloniex api manual poloniex api manual moechte ich an dieser Stelle nicht naeher eingehen).
Da nun am 1. Februar 2005 die Deuba-Regierung
'gefeuert' wurde, musste ja nun eine neue Regierung
her. Und dies ist der schwerwiegende Schritt: Koenig Gyanendra
ernannte sich selbst zum neuen Regierungschef!
Er benannte ein Kabinett, bestehend aus ehemaligen
Hardliner-Regierungsmitgliedern der Panchayat-Zeit (das
ist die Zeit vor 1990, als es in Nepal noch keine
Demokratie, sondern nur ein Einparteiensystem gab;
demokratische Parteien waren verboten) und regiert
seither, mit Unterstuetzung des koenigstreuen Militaers.
Dieser Schritt war und ist deswegen so schwerwiegend,
da auf diese Weise nun endgueltig die Demokratie
abgeschafft und Nepal - politisch gesehen -
faktisch in die Zeit von vor 1990 zur�ckgesetzt wurde.
Der Koenig kuendigte ausserdem an, dass er diesen
Zustand fuer die naechsten drei Jahre beibehalten
wolle, um nun selber fuer eine Loesung des Konfliktes
und eine Stabilisierung der Sicherheitslage zu sorgen.
Er stellte fuer die Zeit danach die Wiederherstellung
der Demokratie in Aussicht.
--
Da nun aber in der Verfassung von 1990 verankert ist,
dass der Ausnahmezustand (State of Emergency) nur fuer
3 Monate bestehen bleiben darf und eine Verl�ngerung nur
mit Zweidrittel Mehrheit des Parlamentes (House of
Representatives) beschlossen werden kann, bestand zum
30.04.2005 fuer den Koenig die Situation, dass er
eine Verlaengerung nur mit einem erneuten Verfassungsbruch
haette durchfuehren koennen.
Da ja derzeit gar kein Parlament existiert, kann es ja
keine Verlaengerung beschliessen und der Koenig selber
hat nicht das Recht dazu, dies zu tun.
Natuerlich haette er sich wieder einmal ueber alles
hinwegsetzen koennen, offenbar sah er sich jedoch einem
zu grossen Gegendruck ausgesetzt.
Indien, England und die USA setzen ihn besonders unter
Druck, da diese Laender bisher auch Waffenlieferanten
waren und den Kampf gegen die Maoisten unterstuetzten.
Ohne Waffen, Munition und Superdiesel kann die Armee
den Kampf gegen die Maobadi nicht fortsetzen und der
Koenig kann sich als 'zahnloser Tiger' auch nicht
gegen die demokratischen Kraefte behaupten.
Die Aufhebung des Ausnahmezustandes bedeutet nun,
dass Koenig und Armee keine komplette Handlungs-
freiheit mehr gegen die demokratischen Kraefte, die
Zivilgesellschaft etc. haben. Z.B. die Einschraenkung
der Pressefreiheit, die Aufhebung des Versammlungs-
rechtes und willkuerliche politische Verhaftungen
koennen jetzt nicht mehr auf Berufung auf den
Ausnahmezustand durchgefuehrt werden.
Wie das aber in der Praxis aussehen wird, bleibt
abzuwarten. Es kann sein, dass Koenig und Armee
trotzdem weiterhin Dinge machen, die mit der Aufhebung
des Ausnahmezustandes nicht viel zu tun haben.
Obwohl es fuer das Land sicher richtig und gut ist,
dass der Ausnahmezustand beendet wurde - es geht
hier ja schliesslich um die Fundamentalrechte -
, kann sich die Sicherheitslage insbesondere im
Kathmandutal dadurch verschlechtern. 'Mehr Freiheit'
kann auch 'mehr Gefahr' in Alltagssituationen mit
sich bringen.
In den letzten Wochen war die Sicherheitslage im
Kathmandutal so gut, wie schon lange nicht mehr,
dies wird vielfach von der Bevoelkerung und auch
von Reisenden berichtet.
Der Koenig spielt nach wie vor ein gefaehrliches
taktisches Spiel. Nachdem Indien, England und die USA
militaerische Unterstuetzung und Sanktionen androhten,
versuchte er offensichtlich, auf einer gerader zu
Ende gegangenen, 10-taegigen Ostasien-Reise, auszu-
loten, ob u.a. China und Indonesien Waffenunterstuetzung
geben. Das Verhaeltnis zwischen China und Indien ist
bekanntlich nicht unproblematisch und Indien moechte
natuerlich nicht, das Militaerhilfe aus China kommt.
Wenn der Koenig es 'zu bunt treibt', kann Nepal auch
zum 'Totalverlierer' werden - in welcher Weise auch
immer?! Diesen Gedanken mag man wohl lieber nicht
'zu Ende spinnen'.
Fuer den Moment hat er gegenueber Indien sicher wieder
Pluspunkte gesammelt, jedoch war zuvor, am 27.04.2005
eine erneute Veraergeung Indiens vorausgegangen, da
Ex-Premierminister Deuba unter etwas undurchsichtigen
Anschuldigungen verhaftet wurde.
Es ist und bleibt eine weiterhin komplizierte und
schwierige Angelegenheit, was in Nepal politisch
so vor sich geht.
Sehr schwierig einzuschaetzen, was die Zukunft bringt,
so auch fuer Experten, wie sich in Vortraegen und
Gespraechen am gestern und heute stattgefundenen
Nepal-Tag in Bonn zeigte.
Eine interessante Frage ist auch sicherlich, was sich
derzeit auf Seiten der Maoisten tut. Hatte Prachandra,
der oberste Fuehrer der Maoisten juengst erklaert,
dass sich der politische Kampf nun in die 3 Phase - die
entscheidende Hauptphase - begaebe, so steht dem gegenueber,
dass die Maoisten bei verschiedenen Kampfhandlungen der
letzten Wochen grosse Verluste hinnehmen mussten. Es
wird ausserdem darueber spekuliert, ob es bei den
Maoisten gerade zu einer Spaltung kommt, und wenn ja,
wie schwerwiegend dies ist. Baburam Bhatterai und
Prachandra haben moeglicherweise Meinungsverschiedenheiten
und Baburam steht evtl. derzeit unter Arrest. Das Ganze
kann allerdings auch eine Propagandameldung sein,
die durch die Armee verbreitet wurde, um die Maoisten
zu schwaechen bzw. einen Keil zwischen die verschiedenen
Lager zu treiben.
Politisch alles offen, alles schwierig,
alles undurchsichtig, kann man da nur sagen.
Auch weiterhin bleibt es spannend -
das erscheint mir gewiss!
Erneut kann ich nur sagen:
Hoffen und wuenschen wir
das Beste fuer das Land!
Mit herzlichen Gruessen
Andreas
---
|