'Die Normalit�t in Nepal ist dahin' / Frankfurter Allgemeine


Die Normalit�t in Nepal ist dahin
Von Jochen Buchsteiner, Bangkok

03. Februar 2005 Trotz politischer Verwerfungen hatte das K�nigreich Nepal in den vergangenen Jahren einen Eindruck von - wenn auch angespannter - Normalit�t aufrechterhalten k�nnen.


Der Himalaya-Staat stand ausl�ndischen Besuchern offen, die B�rger beklagten sich in Gespr�chen ohne Angst, die Zeitungen analysierten die Lage des Landes schonungslos. All dies hat sich in dieser Woche ver�ndert. Mit der putschartigen �bernahme der Regierungsgesch�fte durch K�nig Gyanendra ist Nepal nun auch sichtbar in den politischen Ausnahmezustand gerutscht.

Abschottung nach au�en

Seit Dienstag versucht der K�nig sein Reich mit Notstandsverordnungen unter Kontrolle zu zwingen und es zugleich international abzuschotten. In den Stra�en patrouilliert das Milit�r, Politiker wurden inhaftiert, Grundrechte wie die Versammlungs- und Pressefreiheit eingeschr�nkt. Die traditionell kritischen Zeitungen des Landes berichteten am Donnerstag ohne Unterton und druckten l�ngliche Erkl�rungen des Monarchen ab.

Nur wenig dringt nach au�en. Internationalen Passagierflugzeugen wurde die Landeerlaubnis verweigert. Die Telefonverbindungen ins Ausland sind gekappt, einschl�gige nepalische Internetseiten nicht mehr zug�nglich.

Die ungel�ste Maoistenfrage

Die Nachrichtensperre, die Gyanendra - nun K�nig und Regierungschef in Personalunion - verh�ngt hat, zeigte erste Wirkung: Die Kunde von einem dreit�gigen Generalstreik, zu dem die maoistischen Rebellen aus Protest aufgerufen hatten, wurde nicht verbreitet. Der Aufstand der Maoisten, der das Land seit bald einer Dekade in Atem h�lt, diente dem Monarchen als Anla� f�r die Macht�bernahme.

Schon einmal, im Oktober 2002, hatte Gyanendra die demokratisch legitimierte Regierung Deuba aus dem Amt entlassen. Ursache war ihr Unverm�gen gewesen, Wahlen zum angegebenen Zeitpunkt zu organisieren. Aber schon damals stand die ungel�ste Maoistenfrage im Hintergrund. Der handverlesenen Regierung, die Gyanendra einsetzte, gelang es zun�chst tats�chlich, die Rebellen an den Verhandlungstisch zu bringen, aber der Erfolg war d�rftig. Nach einem Dreivierteljahr endete das Experiment ohne Ergebnis.

Kein Fortschritt unter der neuen Regierung

Im Juni vergangenen Jahres gab der K�nig dem Druck der Parteien und einem gro�en Teil der �ffentlichkeit nach und beauftragte Deuba wieder mit der Bildung einer Regierung, die m�glichst viele Parteien vereinigen sollte. Aber dem Ministerpr�sidenten mi�lang sowohl die Zusammenstellung einer Allparteienregierung als auch ein Fortschritt im Umgang mit den Rebellen. Die bewaffneten K�mpfer dehnten ihre Aktivit�ten vielmehr aus, trotzten Armeeoffensiven in den von ihnen besetzten Gebieten, organisierten Streiks in der Hauptstadt und demonstrierten ihre Macht mit einer mehrt�gigen Blockade Katmandus.

Obwohl die Maoisten, die sich Mitte der neunziger Jahre aus dem Parlament in den Untergrund verabschiedet hatten, direkt mit dem - die Armee befehligenden - K�nig verhandeln wollen, scheinen sie dessen j�ngste Volte nicht zu goutieren. Angeblich verurteilten sie die Vorg�nge in der Hauptstadt und lehnten ein Verhandlungsangebot der neuen Regierung ab.

K�nig Gyanendra ist nicht popul�r

Ohne Friedensgespr�che d�rfte jedoch auch der K�nigsautokratie wenig Fortune beschieden sein. Milit�risch sind die Fronten im Kampf zwischen Maoisten und Armee seit langem erstarrt. Zwar sind die Soldaten den Rebellen in Zahl und Ausr�stung �berlegen, aber unter Beobachtern herrscht das Urteil vor, da� sich die maoistische Dominanz in den l�ndlichen Gebieten nicht brechen l��t. Gyanendras Macht�bernahme, die diktatorische Z�ge tr�gt, scheint au�erdem ungeeignet, seine Position und sein Ansehen in der Bev�lkerung zu st�rken. Viele Nepalesen d�rften sich an die drei Jahrzehnte absoluter Monarchie erinnert f�hlen, die 1990 unter gro�em Beifall abgesch�ttelt wurde.

Schon vor seinem Putsch war Gyanendra wenig beliebt. Bis heute gelten die Hintergr�nde seiner Thronbesteigung als ungekl�rt, genauer: seine Rolle w�hrend des Familienmassakers im Jahr 2001, das ihm den Weg bereitete. Eskapaden seines Sohnes, der gerne in den Nachtclubs der Hauptstadt den Revolver z�ckt, haben ebenfalls wenig zur Imageverbesserung der Familie beigetragen.

Das Ausland ist besorgt

Auch im Ausland sto�en die Umw�lzungen in Katmandu auf wenig Verst�ndnis. Die traditionellen Verb�ndeten des K�nigshauses, unter ihnen Gro�britannien und die Vereinigten Staaten, �u�erten sich in den vergangenen Tagen mehr als reserviert. Vor allem in Indien, dem gro�en Nachbarland im S�den, ist eine Debatte �ber das weitere Engagement im Himalaya-Staat entbrannt.

Delhi blickt seit geraumer Zeit mit Sorge auf die Destabilisierung des Nachbarlandes. Als besonders be�ngstigend betrachtet die Regierung Singh den milit�rischen Erfolg der Maoisten, der von deren indischen Gesinnungsgenossen als leuchtendes Vorbild gefeiert wird. Weil ein allzu sichtbares Eingreifen an der Seite der K�niglichen Armee das antiindische Ressentiment in Nepal z�chten und die Maoisten st�rken k�nnte, h�lt sich Indien zur�ck. Gleichwohl wissen die Nepalesen, da� viele Armeehubschrauber aus indischer Produktion stammen und die Verbindungen zwischen Katmandu und Delhi eng sind. Seit dieser Woche beginnen indische Publizisten zu fragen, ob die gr��te Demokratie der Welt mit der Unterst�tzung eines Autokraten auf der richtigen Seite steht.


Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.02.2005, Nr. 29 / Seite 6
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Abgeschickt von am 04. Februar 2005 um 09:40 Uhr



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