Meine Sichtweise


Lieber Bjoerk,

auch in Kathmandu lacht sicher niemand �ber die politische Situation und die jetzige Blockade.

Nebenbei bemerkt, werden von der Bev�lkerung (auch in Kathmandu) weder Windeln benutzt (die gibt es in Nepal erst seit wenigen Jahren und zwar haupts�chlich f�r Ausl�nder), Wein schon gar nicht (!) und die Kinder in Nepal werden normalerweise bis zu 4 Jahre von ihren M�ttern gestillt.
Was Babynahrung und Milchpulver anbetrifft, so werden die Kinder bereits fr�h morgens mit Dhaal Baat und Gem�se gef�ttert, vielleicht auch mal mit irgendeinem Brei oder Nudeln. Marmeladenbr�tchen und Croissants sind da wohl eher die ganz gro�e Ausnahme.
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Bei einer Blockade kommt es zwangsl�ufig zu Engp�ssen, aber die Bev�lkerung ist f�r eine gewisse Zeit dazu in der Lage, mit der Situation zurecht zu kommen. Und zwar sehr viel besser als wir. W�re dies nicht so, h�tte sie bisher nicht so viel erdulden k�nnen. Viele Menschen sind au�erdem Selbstversorger!

Ich m�chte daran erinnern, dass Anfang der 90er Jahre ein Handelsabkommen zwischen Nepal und Indien gescheitert ist. Die Folge war, dass Indien f�r mehere Wochen alle Grenz�berg�nge f�r den Handelsverkehr nach Nepal dicht gemacht hat. Es kam zu Knappheiten in ganz Nepal, aber es das Leben hat f�r die Bev�lkerung trotzdem verh�ltnism��ig gut funktioniert. Das Hauptproblem waren Mangel an Kerosin f�r die Kocher und einige Grundnahrungsmittel, die aber �berbr�ckt werden konnten. Wir haben damals mit ca. 45 Leuten vor der indischen Botschaft in Bonn, eine der friedlichsten und freundlichsten Demonstrationen, die jemals in der damaligen Bundeshauptstadt stattgefunden haben (wie sich die Polizei uns gegen�ber �u�erste), durchgef�hrt. Mit Sicherheit war damals das Ausma� der Knappheiten sehr viel gr��er, als es nun zu erwarten ist.

Die meisten Maoisten wissen �berhaupt nicht, was Kapitalismus ist, da sie �ber ein sehr geringf�giges Bildungsniveau verf�gen und oft weder Lesen noch Schreiben k�nnen. Touristen sind f�r sie h�ufig 'friends' oder unscharmanterweise 'wandelnde Geldb�rsen' und sonst nicht viel mehr. Es ist f�r sie zu kompliziert und kaum nachvollziehbar, sich mit anderen Kulturen, Mentalit�ten uns Sichtweisen auseinanderzusetzen. Das ist alles f�r sie zu weit entfernt. Sie interessiert ihr eigenes karges Leben und die vielen endlosen Ungerechtigkeiten, die Ihnen durch Schicksal und 'korrupte S�cke' aufgeb�rdet werden. Sie wollen f�r sich ein besseres, gerechteres Leben haben - und das m�glichst sofort!

Touristen sind bisher h�chstens 'Nebenkriegsschauplatz'. Da die US-Amerikaner sich (vor allem offiziell und politisch gesehen) leider oft besonders bem�hen, gro�kotzig, diktierend und �berheblich zu sein, sind sie f�r die Maoisten eher erfassbar, als ein im Hintergrund m�glicher Feind. Somit verkn�pfen sie mit den 'Amis' am ehesten ein Feindbild. Ich w�rde Amerikanern grunds�tzlich empfehlen, zahlreiche Reisel�nder in der Welt zu meiden, so auch Nepal. Leider sind auch die vielen Amerikaner, die absolut in Ordnung und anst�ndig sind, bestroffen, da nicht genug differenziert wird.

Im allgemeinen werden Deutsche, Franzosen, Engl�nder, Italiener, Australier, Japaner und noch einige Nationalit�ten mehr, nicht feindlich betrachtet - auch nicht von den Maoisten!
Wenn sich jemand ziemlich daneben benimmt, so hat er sicherlich 'schlechtere Karten', aber allgemein wird mit Ausl�ndern gut umgegangen. Die Deutschen genie�en in Nepal allgemein einen sehr guten Ruf und es ist auch zu dem einen oder anderen Maoisten durchgedrungen, dass Karl Marx ein Deutscher war. Dies wird kaum als negativ bewertet!

Wer eine Bombe in unmittelbarer Umgebung explodieren h�rt, ist mit Sicherheit (und mit Recht!) schockiert und entwickelt Angstgef�hle - alles Andere w�re ungew�hnlich.
Trotzdem m�ssen bei einem solchen Ergeigis einige Fragen gestellt werden, um die Schwere einordnen zu k�nnen:

Was genau ist passiert?
Welche Hindertgr�nde hat das Ganze?
Was f�r ein Ausmau� hat das Ereignis?
Ist eine weitere Verbreitung solcher Geschehnisse zu bef�rchten?
Welches m�gliche Motiv f�hrte zu dem Ereingis?
Wie ist das Ereignis zu bewerten?
Bestehen f�r die Zukunft akute Gefahren
f�r Reisende und im Land lebende Ausl�nder?
Welche Schl�sse, welche Konsequenzen sind zu ziehen?'

Was die Geschehnisse der letzten Zeit anbetrifft, so empfinde ich zwar Sorge und ich nehme sie auch ernst, jedoch w�rde ich sie als potentielles Reiserisiko nicht so hoch bewerten (was die Zukunft bringt ist allerdings offen!).

Es w�re etwas anderes, wenn im Kathmandutal, in Pokhara, Chitwan oder den klassischen Trekkinggebieten gezielte Anschl�ge passieren w�rden, die darauf abziehlen, Menschen zu Schaden zu bringen - insbesondere wenn sie ganz konkret gegen Touristen gerichtet w�ren. Ich rede hier nicht von den leider mittlerweise in den Konfliktgebieten normalen Kampfhandlungen oder von Stra�enminen in bekannterma�en gef�hrdeten Regionen.

Wenn beispielsweise in Haifa oder Tel Aviv eine Bombe hochgeht, dann vielleicht in einem Restaurant, dass voll besetzt ist oder in einem Bus. Und dann fliegen dementsprechend auch die Fetzen! Es kommt dabei oft zu vielen toten und Verletzten.
Etwas Derartiges hat es in Nepal aber bisher noch nie gegeben und wird es hoffentlich auch nie geben. Ich bezweifle, dass die Maoisten �ber derart verheerende Sprengk�rper verf�gen (hoffentlich ist es so?!). Die Qualit�t solcher Anschl�ge, wie sie bisher in Nepal geschehen sind, entspricht in all den Jahren (zum Gl�ck) nicht dem, was wir leider aus anderen L�ndern kennen.

Wenn sich die Lage weiter versch�rfen sollte, kann man auch dass nicht ausschlie�en. Aber bisher gibt es keine konkreten Anzeichen daf�r. Es bringt nichts zu spekulieren, wir m�ssen von den Tatbest�nden ausgehen, die tats�chlich existieren - nicht mehr und nicht weniger.

Dass der bewaffnete Kampf in Nepal, in den rund acht Jahren, f�r das Land und seine Menschen verheerend ist, steht dabei ausser Frage.

So sehe ich die Dinge im Wesentlichen.

Mit herzlichen Gr��en
Andreas (Y&Y)

P.S.: Durch das Touristenregistrierungsformluar befindet man sich nicht auf einer Emergency List! Die Botschaft hat nur die M�glichkeit, aufgrund der vorhandenen Daten etwas schneller eventuelle Ma�nahmen einzuleiten. In Notf�llen kann auch die Botschaft nicht zaubern!



> Aber in den direkt bestreikten Regionen, insbesondere im Westen ist schon bald mit einer Ernsthaften Knappheit an Nahrungsmitteln und Medikamenten zu rechnen, sollte die Blockade konsequent durchgezogen werden. Insbesondere jetzt, kurz vor der Ernste, wo die Einheimischen verstaerkt auf den Handel mit anderen Regionen angewiesen sind.
> Da kann und DARF von Einfalltsreichtum, Genuegsamkeit und Bescheidenheit keine Rede mehr sein.

> > Was die Rolle der Touristen anbetrifft so sehe ich bisher jedoch keine direkten Anzeichen daf�r, dass sich die Situation explizit gegen den Tourismus richtet.

> Nicht expizit. Aber: Da sich die Maoisten gegen den "Kapitalismus", gegen den "Westen" und in einigen Parolen direkt gegen die USA weden so betrifft es doch Touristen. Das es trotzdem noch nicht direkt gegen Toureisten gerichtet ist, die all dies verkoerpern kann nur pragmatische Gruende haben, die jeder Zeit zu gunsten ideologischer aufgegeben werden koennen.

> > Sollte sich irgend jemand in Nepal direkt gefaehrdet fuehlen oder konkrete negative Erlebnisse gehabt haben, so waere es fuer uns alle hilfreich, dar�ber zu berichten.

> Ich weiss nicht, hast du eine der juengsten Explosionen gehoert? Wiegt mich nicht gerade in groesserer Sicherheit.
> Aber wie ich weiter unten schon sagte, kein Grund in Panik auszubrechen.
> Zumal es ja die Moeglichkeit gibt, sich bei der Botschaft anzumelden. Fuer Leute, die hier laenger sind, sollte das eh selbstverstaendlich sein! Dann wird man auf irgend eine Emergency List gesetzt.

> Gruesse Bjoerk

Abgeschickt von am 10. M�rz 2004 um 13:47 Uhr

Antwort zu: Re: Pers�nliche Gedanken zur aktuellen Situation in Nepal geschrieben von Bjoerk am 10. M�rz 2004 um 10:58 Uhr:



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