Re: Schade |
Nachdem ich den TV-Beitrag ueber „Flucht vom Dach der Welt“ und die Diashow gesehen, die Stellungnahme von Dieter Glogowski dazu aufmerksam gelesen und mich mit dem tibetischen Fluechtlingsproblem auseinandergesetzt habe, moechte ich mich systematisch hierzu aeussern. Dabei zitiere ich sowohl aus der Stellungnahme als auch aus den im NDR Interview gemachten Aeusserungen des Referenten. „Ein westlicher Journalist, der Tibeter - noch dazu Kinder - von Tibet aus auf ihrer Flucht begleitet, bringt diese Tibeter mutwillig in Lebensgefahr, ohne sich selbst einem besonderen Risiko auszusetzen." Ausser dem Risiko selbst erschossen zu werden, denn die chinesischen Soldaten koennen Menschen nicht auf grosse Entfernung nach ihrer Nationalitaet unterscheiden und duerfen im Grenzgebiet auf jeden schiessen. Der westliche Journalist, der die Flucht von Kindern aus Tibet forciert - wie Herr Glogowski das von sich behauptet - bringt die Kinder also nicht Lebensgefahr weil er sie nur „hinbringen laesst“, aber nicht selbst mitgeht ? „Deshalb ist es fuer mich vertretbar, die Kinder, die ich fotografiert habe, auf eine fuer sie sichere Weise von Tibet aus zum Nangpa La bringen zu lassen, um sie dort zu treffen und auf ihrem weiteren Weg zu begleiten.“ Es gibt, wie die Filmaufnahmen ueber erschossene Fluechtlinge vom September 06 eindrucksvoll belegen, keinen sicheren Weg, Menschen ueber diese Grenze zu bringen. Die Tante von Norbu, die Nonne, hat also gelogen, als sie sagte, der Referent habe 60.000 Rupies an den Vater von Norbu fuer beide Jungen gezahlt damit er seinen Sohn fuer ihm nicht bekannte Zwecke verleihe ? Norbu ist kein Fluechtlingskind aus Tibet, er lebt in Nepal, genau wie Lhagpa. Die beiden Jungen sind, wie vom ARD-Team nachgewiesen, nicht aus Tibet gekommen. Das waere ja auch viel zu gefaehrlich gewesen, wie der Referent weiter oben in seiner Stellungnahme erklaert. Um so merkwuerdiger mutet an, dass er im Interview mit dem NDR Kulturjournal behauptet „Also, wir haben die Kinder aus Tibet ueber den Pass geschickt, es waren Betreuungspersonen auch dabei. Das sind natuerlich alles jetzt Hintergrundinformationen, die aber denke ich einen Zuschauer der wirklich mit dem Herzen dabei ist und die Problematik erkennen will ueberhaupt nicht interessieren muesste und sollte und auch wuerde letztendlich.“ [...] “Wir haben unsere Kontakte ueber viele Jahre spielen lassen...“ Aha, also beharrt er immer noch darauf, er habe die Kinder ueber den Pass kommen lassen, wobei sie haetten erschossen werden koennen. Auch noch mit „Betreuungspersonen“ wo doch jeder Tibetkenner weiss, dass in der Regel lediglich e i n Guide, der sich den Dienst gut bezahlen laesst, die Fluechtlingsgruppen begleitet und diese in der Regel mindestens fuenfzehn Personen stark sind, da sie sich den Guide sonst nicht leisten koennten. Ein Fluechtling zahlt in der Regel zwischen 1500 und 2000 chinesische RMB (150 – 200 Euro) an den Guide. Herr Glogowski war also bereit nicht nur das Leben der Kinder und eines Guides sondern auch das von Betreuungspersonen auf´s Spiel zu setzen. When poloniex api currency you create an account, you get access to all the services, including exchange, lending, and trading. „Auch der Vortrag beschreibt umfassend das Leben der Menschen in China und Tibet und die Probleme der Tibeter unter der chinesischen Besatzung.“ Im Vortrag werden Chinesen undifferenziert als Besatzer Tibets dargestellt, ohne darauf zu hinzuweisen, dass es das politische Regime Chinas ist, dass die Probleme verursacht. Die Situation in Tibet wird schwarz-weiss dargestellt, was auf einseitige, unzureichende Recherchearbeit und einseitige Wahrnehmung der Gesamtproblematik seitens des Referenten schliessen laesst. „...das Problem Tibets und der tibetischen Fluechtlinge einer breiten Oeffentlichkeit verstaendlich zu machen.“ Die tibetische Exilregierung tut dies seit 50 Jahren durch die Aktivitaeten des 14.Dalai Lama und tibetische Unterstuetzergruppen weltweit. Die Oeffentlichkeit ist nicht zu bloede als dass ihr dies entgehen koennte und sie nur durch den Transport emotional verpackter Inszenierungen darauf aufmerksam werden kann. Herr Glogowski stellt sich von Krankheit schwer gebeutelt beim Aufstieg auf den Pass in den Mittelpunkt des Geschehens und benutzt einen Lama und andere Tibeter um seiner Story Authentizitaet zu verleihen. Was haelt ihn davon ab, oeffentlich zu der Inszenierung zu stehen ? Seine mitfuehlende Motivation, seinen Zuschauern sein tatsaechliches involviert sein in eine Fluechtlingstragoedie vorzuspielen, damit sie es emotional begreifen, dass sich da ein Drama abspielt ? Kann der durchschnittliche Diavortragsbesucher es durch unverfaelschte Dokumentation nicht begreifen ? „Aus den genannten Gruenden sind die Umstaende der Flucht der beiden Kinder nachgestellt.“ Also ist die Flucht doch nachgestellt und die Jungen sind nicht ueber den Nangpa-La Pass gekommen, wie der Referent weiter oben und im TV-Interview noch behauptet. Das beruhigt mich, denn sonst waeren sie ja dem Risiko ausgesetzt gewesen, erschossen zu werden. „Die anderen Begebenheiten, bis hin zur voellig unerwarteten Begegnung mit dem Moench Nawang, dem Bruder eines der beiden Kinder, haben sich so zugetragen, wie sie in Buch und Vortrag dokumentiert sind. Es entspricht den Tatsachen, dass das im Buch Lhakpa genannte Kind nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Kathmandu heute als Fluechtling in Indien lebt.“ Zufaellige Begegnungen im Himalaya sind keineswegs selten, da es zwischen den Kloestern und Doerfern Hauptverbindungswege gibt, die von den Bewohnern dieser Regionen im Alltag haeufig benutzt werden. Es kann also gut sein, dass Nawang unverabredet des Weges kam, nicht wissend, in welchem Zusammenhang er hier auf seinen Bruder traf und fotografiert wurde. Der Zwischenaufenthalt von Lhagpa in Kathmandu kann, da die Fluchtgeschichte beider Jungen inszeniert war, nicht nach seiner Flucht aus Tibet stattgefunden haben, auch wenn das von Herrn Glogowski hier immer noch behauptet wird. Die in Nepal lebenden Tibeter schicken gerne ihre Kinder zum Studium in ein buddhistisches Kloster nach Indien oder um den Dalai Lama zu treffen. „So sagt etwa der Direktor des UN-Reception-Centers in Kathmandu, er wuerde mich nicht kennen. Dabei habe ich ihn im Dezember 2006 besucht und mit ihm gesprochen.“ Offenbar hat Herr Glogowski keinen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen. Ueber was haben die beiden im Dezember 06 gesprochen ? Das waere interessant zu wissen. Moeglicherweise haette Herr Glogowski fuer sein Vorhaben den Direktor gerne als ein den Zweck heiligendes Mittel verwendet und stiess bei Herrn Chung auf Ablehnung ? Sein Vorgesetzter ist immerhin der 14. Dalai Lama, der fuer nicht-authentische Inszenierungen zum Tibetproblem keine Zustimmung geben wuerde. Auch das weiss jeder Tibet- und Buddhismuskenner. Falls der Direktor das Gespraech vergessen hat, dann kann es kein fuer ihn und die tibetische Sache nuetzliches gewesen sein. „Auch die Aussage des Direktors, er wuerde die betroffenen Kinder nicht kennen, ist leicht erklaerlich – eine grosse Anzahl tibetischer Fluechtlinge meldet sich nicht im UN-Reception-Center, sondern macht sich mit Hilfe persoenlicher Kontakte direkt auf den Weg nach Indien.“ Das ist angesichts der Tatsache dass sie keinerlei Schutz geniessen solange sie nicht im Fluechtlingsbuero des UNHCR registriert sind, brandgefaehrlich. Jeder tibetische Fluechtling weiss, dass das Buero seine erste Anlaufstelle sein muss, da die Gefahr von der nepalesischen Militaerpolizei gegen chinesisches Kopfgeld ueber die Grenze zurueckgeschickt zu werden sehr gross ist. Dieses Problem ist oeffentlich bekannt. Der Referent verschleiert ganz bewusst die Tatsachen, die ihm als Kenner der Tibetproblematik bekannt sein muessen. Waeren es echte Fluechtlingskinder gewesen, haette er sie sofort dorthin bringen muessen. „Am Ende des Films einen Tibeter, der mich und meine Arbeit nicht kennt, sich derart diffamierend aeussern zu lassen,...“ Der interviewte tibetische Fluechtlingsguide hat in ruhigem Ton seine Meinung zu der inszenierten Geschichte dargelegt, weil ihm die tatsaechlichen Zusammenhaenge offenbar bekannt sind. Das er dabei kein froehliches Gesicht gemacht hat, ist aus seiner Sicht verstaendlich. Der TV-Kommentator war so freundlich, das Gesagte nicht vollstaendig zu uebersetzen. Er liess den abschliessenden Satz des Guides “He is really a bad man.“ in der deutschen Uebersetzung weg. Der Referent zeigt mit seinen Aeusserungen ueber den tibetischen Guide, dass er ihn fuer leicht beeinflussbar haelt und dem TV-Team unlautere Interviewmethoden unterstellt. Durch solche Aeusserungen ueber Tibeter, die ihm nicht nach dem Mund reden, wird deutlich dass seine Verbindung mit dem tibetischen Volk nicht so innig ist, wie er es oeffentlich darstellt. Jedenfalls nicht mit den Tibetern, die nicht mit seiner Vorgehensweise konform gehen. „...nach wie vor ein vertretbarer Weg, Ereignisse die tatsaechlich passieren, nacherlebbar zu fotografieren ohne Menschen zu gefaehrden.“ Da er sowohl im TV-Interview als auch in seiner Stellungnahme noch behauptet, die Flucht der beiden tibetischen Jungen ueber seine langjaehrigen Kontakte ermoeglicht zu haben, haette er damit Menschen gefaehrdet. Vertretbar waere wenn der Referent sich nun bei der Oeffentlichkeit fuer seine Unehrlichkeit entschuldigen und kuenftige Inszenierungen fuer sein Publikum sichtbar machen wuerde. Ganz auf Inszenierungen zu verzichten, waere wohl nicht medienwirksam genug ? Der Referent nutzt durch seine Stellungnahme die Situation aus, dass nur wenige seiner Leser und Zuschauer die Moeglichkeit haben, seine Behauptungen in Tibet und Nepal zu ueberpruefen. Er wuerde besser daran tun, sich etwas bescheidener und respektvoller seinem Publikum und den Tibetern gegenueber zu verhalten. Man muss sich entscheiden: Glogowski-Anhaenger sein oder – wie er in dem Interview mit dem NDR verlauten liess – man ist bei seinen Vortraegen „fehl am Platze“. „Ich glaub nicht, dass man jetzt sagen kann, ich hab gesagt, dass ich das als „Wahrheit“ erzaehlt habe. Ich hab das Buch wiedergegeben.“ Denn im Vorwort des Buches schreibt er, dass „wir ... (wer sind die anderen ?) ... eine Geschichte exemplarisch fotografiert haben“. Der auf authentische Berichterstattung hoffende kritische Zuschauer und Buchkaeufer bekommt vom Referenten unterstellt, dass er die „Wahrheit“ mit der „Wirklichkeit“ verwechselt und Probleme mit der unterschiedlichen „Wahrnehmung von Wahrheit“ hat, die der Referent als „Frontfotograf“ nur schwierig transportieren kann. Da seine Kommentare zu seinen Fotografien nachweislich in gewissem Umfang nicht wahr sind, sind wohl die sie als wahrhaftig aufnehmenden Zuschauer fuer den Referenten ein angenehmes Publikum. Diejenigen die wahre Kommentare zu den Fotografien erwarten, sind indes „fehl am Platze“ weil ihnen ihr Wahrheitsbeduerfnis so ausgelegt wird, „wirklich nur den Kick dieser Geschichte, dass es echte Fluechtlingskinder sind, zu brauchen“. Das Wort „Wahrheit“ sei eine „Schwarzweissmalerei“, man muesse „einfach vertrauen“, erklaert uns Herr Glogowski. Bei all den Widerspruechen in die er sich nach der Offenlegung seiner fragwuerdigen journalistischen Arbeitsweise im TV-Interview und in seiner Stellungnahme verstrickt hat, hat er mein Vertrauen dauerhaft verloren. |
Abgeschickt von Guenther Kossack am 21. Januar 2008 um 23:40 Uhr.
Antwort zu: Re: Schade geschrieben von uwe am 21. Januar 2008 um 10:42 Uhr. |