Re: Zum Topthema der Woche: 'TIBET Flucht vom Dach der Welt'

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> Liebe Nepalfreunde,
> liebe Freunde der Tibeter,

> worum geht hier die ganze Aufregung der letzten Tage?

> Ich versuche mal die Angelegenheit zu skizieren. Sollte ich dabei irgendwelche Fehler begehen, so bitte ich bereits jetzt vorsorglich um Entschuldigung. Es ist nicht meine Absicht, irgend etwas falsch darzustellen, Personen zu verunglimpfen etc.:

> Der bekannte Foto- und Fernsehjournalist sowie Multivisionsreferent und Buchautor Dieter Glogowski, der sich seit rund 25 Jahren dem Schwerpunktthema Himalaya Region widmet und in all den Jahren sehr grundlegend die Schoenheiten, aber auch Hintergruende und Probleme durch seine Shows und Publikationen - oft in Geschichten verpackt - einer breiten Oeffentlichkeit darbietet, hat sich diesmal an ein heisses Thema begeben.

> Seine neue Multivisions Show und sein gleichnamiges Buch 'TIBET Flucht vom Dach der Welt' beschreiben, unter welch schwierigen Umstaenden und Gefahren zwei Kinder von Tibet nach Nepal fluechten.

> Nun wurde in einem Fersehbeitrag der ARD, in der Sendung 'Titel, Thesen, Temperamente' (ausgestrahlt am 13.01.2008) die Glaubwuerdigkeit der Schilderung dieser Flucht in Zweifel gezogen und die journalistische Vorgehensweise von Dieter Glogowski angeprangert. Es wurde der Vorwurf erhoben, das Schicksal der tibetischen Fluechtlinge wuerde mit gezieltem Einsatz von Emotionen finanziell ausgeschlachtet. Dieter Glogowski wuerde sich mit einer Geschichte, die in der geschilderten Weise nicht wirklich stattgefunden hat, persoenlich bereichern, er haette die Oeffentlichkeit getaeuscht und den Tibetern erheblichen Schaden zugefuegt. Die Grenzen zwischen 'Dichtung und Wahrheit' seien nicht klar gezogen worden. Ein Fernsehteam ist extra zur eigenen Recherche nach Nepal gereist und hat Angehoerige der beiden Kinder sowie u.a. einen tibetischen Fluechtlingshelfer und den Direktor eines Fluechtlingslagers zur Sache und zu deren Meinung dazu befragt. Es wurde ebenfalls ein Ausschnitt aus einer vorangegangenen NDR Sendung, in der sich Dieter Glogowski zu dieser Geschichte ausserte, und er wurde von dem Team ganz direkt mit sehr kritischen Fragen konfrontiert. Dabei geriet er in Erklaerungsnot.

> Soweit meine Schilderung der Dinge - so, wie ich sie persoenlich wargenommen habe, wie ich sie gedanklich rekonstruieren konnte.

> --

> Ich kann verstehen, dass sich bei manchen Leuten nach Betrachtung des Fernsehberichtes Wut, Entaeuschung etc. aufgebaut, vielleicht auch hier im Nepal Board ein wenig entladen hat.

> Jeder nimmt so etwas auf seine eigene Weise war und bildet seine ganz persoenliche Meinung dazu.

> --

> Ich moechte gerne schildern, was ich dazu empfinde.
> Das ist meine persoenliche Wahrnehmung.

> Als ich den Bericht sah, empfand ich als Erstes Betroffenheit. Ich kann nicht sagen Wut oder Aerger - nein es war Betroffenheit.

> Warum war das so, warum ist das immer noch so?

> Seit einigen Tagen denke ich ueber diese Angelegenheit nach. Ich habe mir den Bericht wiederholt angesehen und auch die Textversion gelesen.

> Ich versuche, mir eine Meinung zu bilden, ich fuehle mich jedoch nicht dazu veranlasst, ein Urteil zu faellen oder eine Verurteilung auszusprechen. Ich denke, man kann oder man muss die Angelegenheit kritisch betrachten, allerdings halte ich grundsaetzlich nichts von oeffentlichen 'Hinrichtungen'.

> Es hat sicher niemand beabsichtigt, hier eine 'Hinrichtung' durchzufuehren. Manche Ausserungen sehe ich einfach als natuerliche emotionale Reaktionen, jedoch kann so etwas in seiner Haeufung zur geballten Ladung werden und ich habe meine Zweifel daran, dass so etwas richtig ist.

> Um eines klar zu sagen: ich kenne Dieter Glogowski als normaler Zuschauer einer seiner Shows und als Leser seiner Buecher. Ich bin nicht mit ihm persoenlich bekannt.

> Die im Bericht gemachten Vorwuerfe sind sehr hart und lassen Dieter Glogowski in keinem guten Licht erscheinen und auch seine Auesserungen wirken nicht gerade gluecklich. Jedoch weiss ich, dass so ein Bericht auch tueckisch sein kann. Es ist moeglich, einen Bericht so zu gestalten, dass als logische Schlussfolgerung ein ganz bestimmter Eindruck entstehen muss. Ob dass dann aber die tatsaechliche Wahrheit ist, ist eine ganz andere Frage.

> Einige Dinge hinsichtlich der Sendung und des Berichtes sehe ich kritisch. Die Anmoderation von Dieter Moor war meiner Empfindung nach nicht journalistisch neutral, was ich bei serioesem Journalismus erwarte, sondern gespickt von Haeme. Der Zuschauer wurde gleich auf eine bestimmte Seite gezogen, fast schon ein Urteil gefaellt, bevor der Bericht ueberhaupt angefangen war. Ein Team hatte sich offensichtlich mit einer ganz bestimmten Zielsetzung auf den Weg gemacht. Puzzelteile wurden gesucht, gefunden und zusammengesetzt. Irgendwie passte das und irgendwie auch wieder nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob die Aeusserungen einiger Gespraechspartner den zwingenden Verdacht gegen Dieter Glogowski zulassen, dass er besonders in Absicht einer finanziellen Vorteilnahme handelte und das Motiv hatte, die Kinder fuer seine Zwecke auszunutzen. Zwar waren die Aeusserungen von Dieter Glogowski unsicher und wenig ueberzeugend, jedoch handelte es sich nicht um eine ausgewogene Befragung in entspannter Atmosphaere, sondern die Befragung war auf Konfrontation aus und Dieter Glogowski wirkte bedraengt. Ob man in so einer Situation die richtigen Worte findet und die Dinge genau so erklaeren kann, wie sie in Wirklichkleit beabsichtigt waren, ob man da ueberzeugend rueber bringen kann, dass eigentlich keine schlechten Motive vorlagen, das ist meiner Meinung nach zumindest fraglich.

> Ich denke zwar schon, dass in der Sache Fehler begangen wurden. Dieter Glogowski haette klarer herausstellen muessen, dass er sich aus Sicherheitsgruenden und zum Schutze von Betroffenen (auch Angehoerigen) nicht eine echte Fluchtbegleitung durchfuehren konnte. Er haette den Lesern und der Oeffentlichkeit gegenueber die Karten klarer auf den Tisch legen muessen.

> Die Fluechtlingsproblematik besteht ja wirklich und die Tibeter sollten auch unterstuetzt werden, durch Veroeffentlichung der Situation - auch anhand einzelner Schicksale.

> Nun wirkt diese ganze Geschichte in einem schlechten Licht und ist nun auch irgendwie misslungen. Es kann aber sein, dass gerade dadurch wieder mehr Aufmerksamkeit auf die Situation der Tibeter gelenkt wird. Dass gefragt wird: 'Was ist denn da nun wirklich los, mit Tibet und seinen Fluechtlingen?'

> Gerade jetzt, wo China im Rahmen der olympischen Spiele in den Mittelpunkt geraet, gibt es auch wieder ein groesseres Interesse fuer Menschenrechtsfragen sowohl was China, als auch Tibet anbetrifft.

> Fraglich ist, wie es eigentlich dazu kommt, dass ein Fernsehteam nach Nepal reist und dieser Sache nachgeht.
> Ich kann mir kaum vorstellen, dass die von selber auf diese Idee gekommen sind. Vielleicht wollte jemand, das Dieter Glogowski 'abgeschossen' wird (bitte nicht woertlich, sondern im uebertragenden Sinne verstehen!). Es koennten Kollegen aus der eigenen Branche aus Missgunst so etwas getan haben, oder vielleicht ist es von chinesicher Seite ausgegangen.

> Ich will nur sagen, dass ich einfach zu wenig darueber weiss, wass da insgesamt vor sich geht. Auf dieser Basis ist es schwierig eine echte Beurteilung vorzunehmen.

> Vor ca. 2-3 Jahren war ich einmal im Bonner Brueckenforum in einer Show von Dieter (Das Geheimnis der goldenen Tara). Ich empfand ihn als sympathischen Menschen, der neben seinen legitimen Eigeninteressen (jeder Mensch muss von etwas leben) auch wirklich etwas Transportiert hat. Jemand der seit 25 Jahren dabei ist, hat auch ein wirkliches Interesse fuer die Dinge. Ich bin ueberzeugt, dass er auch im Rahmen seiner Moeglichkeiten schon viel fuer die Region und seine Menschen getan hat. Er ist zwar jetzt vielleicht einen falschen Weg gegangen, aber ich zweifle nicht grundsaetzlich an ihm. Seine Show ist eine der Besten und professionellsten, die ich je gesehen habe. Im Brueckenforum stand er mit hohem Fieber vor dem Publikum und hat die Show trotzdem absolut professionell durchgezogen. Fuer manchen Geschmack war die Geschichte vielleicht ein wenig dick aufgetragen, aber ein Teil des Publikums erwartet auch neben den schoenen Bildern und Filmeinspielungen so eine perfekte Story. Wer eine derart professionelle Show abliefert, muss auch eine gewisse Erwartungshaltung beim Publikum bedienen koennen. Man kann nur erahnen, was fuer ein enormer Aufwand dahinter steckt, bis so eine Show mal steht, bis so ein Bildband fertiggestellt ist. Damit ist auch ein ganz schoener Kostenapparat verbunden. Ich stelle mir vor, wer reich werden moechte, wird sein Geld wohl auf leichtere Weise verdienen wollen.

> Dieter Glogowski ist fuer seine Perfektion, fuer seine Professionalitaet bekannt. Er kann nicht soviel falsch gemacht haben, wenn seit Jahren seine Shows mit am Besten besucht und auch seine Buecher gut gekauft werden. Wer vieles richtig macht, muss auch Fehler machen koennen. Ich bin ueberzeugt, dass er seine Lehre und Konsequenzen aus der Sache zieht und sich redlich bemuehen wird, seinen guten Ruf wieder herzustellen und bestimmt auch versuchen wird, den Tibetern und tibetischen Fuechtlingen gegenueber etwas gut zu machen.

> So, wie ich Dieter Glogowski bisher wargenommen habe, besteht fuer mich bis jetzt kein ganz grundsaetzliches Vertrauensproblem. Ich schaetze ihn jedenfalls nicht fuer einen skrupellosen 'Seelenverkaeufer' ein.

> Warum habe ich nun so ausfuehrlich ueber diese Angelegenheit geschrieben?

> Es ist wohl, weil ich den Ernst dieser Sache sehe und mir klar ist, dass fuer Dieter Glogowski viel auf dem Spiel steht. Wie schnell ist ein Ruf zerstoert! Man sollte in solchen Dingen nicht leichtfertig sein.

> Ich hoffe, dass das nicht so aussieht, das ich das Wohl der Tibeter dadurch aus dem Auge verloren haette. Das Schicksal der Tibeter beruehrt mich schon seit vielen Jahren. Mir tut es unendlich leid, was diesen friedlichen Menschen wiederfahren ist und immer noch taeglich wiederfaehrt. Ich bin mit der Problematik seit den 80er Jahren vertraut.

> Den Tibetern und auch Dieter wuensche ich alles Gute!

> Mit herzlichem Gruss
> & Tashi Delek

> Andreas

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>

Danke Andreas fuer Deinen ausfuehrlichen Bericht, Du hast sicher recht, dass etwas Ruhe in dieses Thema kommen sollte.
Doch trotzdem bleibt bei mir eine grosse Enttaeuschung ueber Dieter Glogowsky zurueck. Ich habe ihn bisher sehr geschaetzt und fuer einen der "wahren" Tibetkenner gehalten, der auch sein Herz dabei hineinsteckt.
ARDR just poloniex verification don't have an ticker. Aber bei dieser Geschichte geht es doch nur um Geld, er wollte auch mal so eine Fluechtlingsgeschichte herausbringen. Im Vorwort steht ja: "wenn er den Abschied von den Eltern nicht selbst miterlebt haette, es war einfach herzzerreissend". Wenn ich mich noch so bemuehe den Herrn Glogowsky zu verstehen, aber das ist einfach unehrlich - was soll das?
Am besten waere wohl, der Autor wuerde selbst dazu Stellung nehmen und alles offen darlegen. Im Videobericht waren seine Antworten auf den Vorwurf hin sehr schwach, man hat den Eindruck, er fuehlt sich ertappt. Ein so erfolgreicher Buchautor, der sehr oft in der Oeffentlichkeit steht, muss auch faehig sein, bei so einer "Konfrontation" die richtigen Worte zu finden?

Das einzig Gute an der Geschichte ist wohl, dass vielleicht mehr Menschen auf dieses traurige Thema der Fluechtlingskinder aufmerksam werden und hoffentlich erkennen, dass nicht alle Stories erfunden sind.
Chris

Abgeschickt von am 17. Januar 2008 um 10:04 Uhr.

Antwort zu: Zum Topthema der Woche: 'TIBET Flucht vom Dach der Welt' geschrieben von Andreas Khanal am 17. Januar 2008 um 07:21 Uhr.


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