Dunkle Wolken am politischen Himmel Nepals |
In der momentan sehr aufgeladenen politischen Atmosphaere in Nepal haben beide Seiten, die Kongresspartei und die Maoisten eine kompromisslose Einstellung. Es geht beiden um alles und sie haben die Einstellung, dass, wenn sie jeweils verlieren, der andere gewinnt und umgekehrt.
Offensichtlich ist es so, dass die Maoisten Premierminister G. P. Koirala von der Kongresspartei lieber gestern als heute loswerden wuerden. Auf der anderen Seite ist der Premierminister fest entschlossen, die schon dreimal verschobenen Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung noch vor dem Ende des nepalesischen Kalenderjahres, also bis Mitte April 2008 durchfuehren zu lassen. Kurz nach der Unterzeichnung des Zwoelfpunkte - Friedensabkommens im November 2005, hat der Fuehrer der Maoisten, Genosse Prachandra eines ganz klar gemacht: Er wuerde den Friedensprozess als eine Alternativstrategie nuetzen, um sein schlussendliches Ziel eines kommunistischen Staates umzusetzen. Die historische Parallele dazu ist der „Waffenstillstand“, den Mao-Tse-Tung mit der republikanischen Regierungspartei der Republik China unter den Kuomintang Chiang Kai-Shek’s geschlossen hatte, um gemeinsam die Japaner aus China zu vertreiben. Und in dem Moment, als der Krieg mit der Niederlage der Japaner endete, loeste er einseitig die Vertraege mit der Republik China und begann die Kuomintang anzugreifen. In Falle Nepals war der gemeinsame Feind die Monarchie, und die liegt auf ihrem Totenbett, aber die Aehnlichkeiten sind offensichtlich. Die gegenwaertigen alarmierenden Veraenderungen im Verhalten der Maoisten koennten jemanden zu der Ueberzeugung bringen, dass Genosse Prachandra den Countdown begonnen hat, sein erklaertes Ziel vom November 2005, binnen 24 Monaten Praesident Nepals zu werden, umzusetzen. Nun spricht er ganz offen davon, dass die Maoisten das Parlament von der Strasse aus bekaempfen werden, wenn es nicht umgehend seine Forderungen erfuellen wird. Die Maoisten haben in den letzten Wochen begonnen, die Judikatur in weiten Teilen des Landes in die eigene Hand zu nehmen und praktisch alle Vereinbarungen, die sie mit der Sieben-Parteien-Allianz geschlossen hat, systematisch zu brechen. Kurz gesagt, haben die Maoisten ihre Taktik von Mao-Tse-Tungs Guerillakampf am Land auf die Taktik Lenins im Rahmen der russischen Oktoberrevolution umgestellt. Sie unternehmen jede Anstrengung, die Zentralregierung in Kathmandu zu unterminieren, und zu beweisen, dass sie weder dazu faehig sei, das Land effektiv zu regieren, noch Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Bolschewiken hatten damit Erfolg und fegten die schwache demokratische Regierung Kerenskys hinweg, als die politische Situation Russlands aehnlich im Fluss war wie heute in Nepal. Ganz aehnlich koennten die Maoisten alles auf eine Karte setzen und versuchen, den Singha Durbar, also das Parlament, anzugreifen und aufzuloesen. In ihren Anstrengungen, die Macht zu erlangen, benuetzen die Maoisten die gefuerchtete Youth Communist League (YCL) als ihre Speerspitze, Anarchie zu verbreiten. Kader der YCL haben mittlerweile die Gewerkschaften infiltriert, um die Ueberbleibsel der nationalen Wirtschaft zu zerstoeren. Privatland und Privathaeuser werden mittlerweile konfisziert und ihre Eigentuemer vertrieben. Aufgrund der von der YCL angeheizten Arbeiterstreiks sind nun viele Industrien geschlossen. Die YCL hat mit der Ausrede, beim Regeln des Strassenverkehrs und bei der Verhaftung von Kriminellen helfen zu wollen begonnen, die Agenden der Polizei zu uebernehmen und untergraebt damit natuerlich deren Moral. Die Inaktivitaet des Parlaments und der Regierung in diesen und anderen Faellen hat direkt und indirekt mitgeholfen, den Virus der Anarchie im Land ungehindert zu verbreiten. Drei Szenarios sind denkbar, die gegenwaertige Situation auf die eine oder andere Weise zu „loesen“. 1.) Eine fuer alle gesichtswahrende Formel kann gefunden werden, die beiden Seiten erlaubt, das Patt zu beenden, Wahlen auszuschreiben und die Konfrontation zu vermeiden. Eine solche ist leider kaum in Sicht. 2.) Die Regierung unter Premierminister Koirala fixiert einen Termin fuer freie Wahlen, ohne das Einverstaendnis der Maoisten. In diesem Moment werden diese ihr immer offensichtlicher werdendes Programm starten, diese Wahlen, bei denen sie nur verlieren koennten, zu verhindern. Die im Parlament verbliebenen Mitglieder der Maoisten werden angewiesen werden,.ihre Sitze aufzugeben, und auf die Strasse zu gehen um die YCL zum endgueltigen Showdown zu fuehren. Die YCL wird mobilisiert werden, um das wenige zivile Leben, dass sie den Nepali noch erlaubt, zu beenden. Die laendlichen Kaempfer der Maoisten werden aus ihren Baracken am Land mit ihren Waffen in die Hauptstadt beordert werden um dort die YCL, die in den Staedten ihre versteckten Waffenlager hat, im Versuch des Staatstreichs in einem staedtischen Guerillakrieg zu unterstuetzen. Aller Wahrscheinlichkeit nach waere es nicht leicht fuer die Maoisten, auf diese Weise die Macht zu erlangen, aber moeglich waere es immerhin. 3.) Die Maoisten handeln weise und im Interesse des Landes und der Bevoelkerung, geben ihren Widerstand gegen die Wahlen auf, auch wenn das bedeutet, dass sie stark geschwaecht aus diesen Wahlen hervorgehen wuerden. Sie koennten sich entscheiden, die Wahlen zu boykottieren, aber neutral vorzugehen und die Waehler nicht durch Gewalt beeinzuflussen. Sie koennten nach den Wahlen in Verhandlungen mit dem neugewaehlten Parlament treten, um ihre Position angemessen zu vertreten. Diese Strategie wuerde das Ansehen der Maoisten in der Bevoelkerung und in der Welt heben. Der Ball liegt bei der Fuehrung der Maoisten. Sie koennen zwischen Frieden und Wohlstand fuer das Land und dem Weg der Zerstoerung und des Todes waehlen. Die Wahl ist die zwischen einem megalomanischen Unterfangen, die Macht um jeden Preis an sich zu reissen oder eine Partei des Maistreams zu werden, die mithilft, dem nepalesischen Volk den lange ersehnten Frieden zu sichern. Sie sollten sich das abschreckende Beispiel der Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) im Buergerkrieg in Sri Lanka vor Augen halten. Konservative Schaetzungen des Blutzolls des Versuch der JVP, durch Gewalt an die Macht zu gelangen, liegen bei 60.000 Toten. Ein einziges Mitglied ihres Politbueros schaffte es, mit dem Leben durch Flucht davon zu kommen, alle anderen starben in der Konfrontation mit den Sicherheitskraeften der Regierung. Heute, viele Jahre spaeter nach dem Misslingen des Umsturzes gibt es die JVP in Sri Lanka wieder. Sie ist jedoch jetzt eine verantwortungsvolle Partei im Konzert der Parteien Sri Lankas und vertraut auf den Wettkampf der politische Kraefte an den Urnen und nicht auf dem Schlachtfeld. (c) Binod Sijapati, 2007, uebersetzt von W.S.Drechsler
Der Autor, Binod Sijapati, ist Oekonom, Politologe und Entwicklungsnetzwerker in Kathmandu und intimer Kenner der innenpolitischen Situation Nepals. Der Artikel erschien am 25. November 2007 auf http://www.nepalnews.com, und wurde von mir mit ausdruecklicher Erlaubnis des Autors uebersetzt |
Abgeschickt von am 27. November 2007 um 16:29 Uhr. |